Vergangnen Maitag brachte meine Katze
Zur Welt sechs allerliebste kleine Kätzchen, Maikätzchen, alle
weiß mit schwarzen Schwänzchen. Fürwahr, es war ein zierlich
Wochenbettchen!
Die Köchin aber, Köchinnen sind grausam, Und
Menschlichkeit wächst nicht in einer Küche - Die wollte von den
sechsen fünf ertränken, Fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maienkätzchen
Ermorden wollte dies verruchte Weib. Ich half ihr heim! - Der
Himmel segne Mir meine Menschlichkeit!
Die lieben Kätzchen, Sie
wuchsen auf und schritten binnen kurzem Erhobnen Schwanzes über Hof
und Herd; Ja, wie die Köchin auch ingrimmig drein sah
Sie wuchsen
auf, und nachts vor ihrem Fenster Probierten sie die allerliebsten
Stimmchen. Ich aber,
wie ich sie so wachsen sahe, ich preis mich selbst und meine
Menschlichkeit.
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Ein Jahr ist
um, und Katzen sind die Kätzchen, Und Maitag ist's! - Wie soll ich es
beschreiben, Das Schauspiel, das sich jetzt vor mir entfaltet!
Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel, Ein jeder Winkel
ist ein Wochenbettchen! Hier liegt das eine, dort das andre
Kätzchen, In Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
Die Alte
gar - nein, es ist unaussprechlich, Liegt in der Köchin jungfräulichem
Bette! Und jede, von den sieben Katzen Hat sieben, denkt euch!
sieben junge Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzem
Schwänzchen! Die Köchin rast, ich kann der blinden Wut Nicht
Schranken setzen dieses Frauenzimmers; Ersäufen will sie alle
neunundvierzig!
Mir selber, ach, mir läuft der Kopf davon - O
Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!
Was fang ich an mit
sechsundfünfzig Katzen! -
Theodor Storm
(1817-1888)
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